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Die Eigentumssituation der deutschen Bahnhöfe hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert.

Von den rund 2.900 Empfangsgebäuden in Deutschland befinden sich nur noch knapp 700 im Besitz der Deutschen Bahn, was einem Viertel entspricht.

Dagegen sind mehr als die Hälfte der Bahnhofsgebäude in privater Hand. Dies ist eine direkte Folge der massiven Verkäufe in den 2000er und 2010er Jahren, als vielen Bahnhofsgebäuden von der Bahn veräußert wurden, oft in Paketen an private Investoren.

Bemerkenswert ist zudem, dass etwa ein Fünftel der Bahnhofsgebäude in kommunalem Besitz sind.

Diese Verteilung hat erhebliche Auswirkungen auf den Zustand und die Nutzung dieser Gebäude.

Während die Deutsche Bahn sich bemüht, ihre verbliebenen Bahnhöfe zu pflegen und zu modernisieren, sind viele privat gehaltene Bahnhöfe oft dem Verfall preisgegeben oder werden für Zwecke umgenutzt, die nichts mit dem Bahnbetrieb zu tun haben.

Um dies zu verdeutlichen, lohnt ein Blick auf die speziellen Besitzverhältnisse in Ostdeutschland.

In Bundesländern wie Mecklenburg-Vorpommern sind über 80% der Bahnhofsgebäude in privater Hand, was im gesamten Land ein einzigartiges Bild ergibt.

Auch in anderen ostdeutschen Bundesländern wie Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg zeigt sich ein ähnliches Muster.

Eine Ausnahme bildet Berlin, wo der Großteil der Bahnhöfe noch im Besitz der Deutschen Bahn beziehungsweise des Bundes ist.

Diese unterschiedlichen Besitzverhältnisse stellen verschiedene Herausforderungen dar, wie etwa den Verfall ungenutzter Bahnhöfe und die fehlende Übersicht über die Vielzahl privater Eigentümer.

Die Allianz pro Schiene fordert daher umfassende Anreize für Eigentümer, um die Bahnhöfe für den Schienenverkehr zu erhalten und wieder nutzbar zu machen.

Betrachtet man diese Gemengelage, so zeigt sich klar, dass die Zukunft der Bahnhöfe in Deutschland maßgeblich von gezielten Initiativen und Unterstützungsprogrammen abhängt, um sowohl die Attraktivität als auch die Funktionalität dieser für den öffentlichen Verkehr wichtigen Gebäude zu sichern.

Bahnhof

Der historische Kontext: Massenverkauf der Bahnhofsgebäude

Massive Verkaufswelle in den 2000er und 2010er Jahren

Im Verlauf der 2000er und 2010er Jahre erlebte Deutschland eine beispiellose Welle des Verkaufs von Bahnhofsgebäuden.

Diese massiven Verkäufe wurden zum Teil durch wirtschaftliche Zwänge und Restrukturierungsmaßnahmen der Deutschen Bahn ausgelöst.

Das Unternehmen stand unter erheblichem finanziellen Druck und sah sich gezwungen, einen Großteil seiner Immobilienbestände abzustoßen, um sich auf den Kernbereich des Eisenbahnbetriebs zu konzentrieren.

Bahnhofsgebäude in Paketen verkauft

Besonders auffällig bei diesen Verkäufen war die Praxis, Bahnhofsgebäude in Paketen zu verkaufen.

Private Investoren hatten so die Möglichkeit, ganze Bündel von Gebäuden zu erwerben, die sie anschließend oft einzeln weiterverkauften.

Dies führte zu einer komplexen Eigentümerstruktur, bei der es schwierig wurde, den Überblick über die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse zu behalten.

Deutsche Bahn stoppt den Verkauf

Vor einigen Jahren hat die Deutsche Bahn schließlich beschlossen, die Verkaufspraxis zu beenden.

Das Unternehmen plant derzeit keine weiteren Verkäufe, sondern konzentriert sich stattdessen auf die Sanierung bestehender Gebäude im Rahmen der sogenannten Generalsanierung.

Insgesamt sollen bis zum Jahr 2027 etwa 200 Bahnhöfe renoviert werden.

Ein Rückkauf von Bahnhöfen ist jedoch laut aktueller Angaben nicht vorgesehen.

Diese strategische Kehrtwende markiert einen wichtigen Schritt hin zu einem nachhaltigen Umgang mit den verbliebenen Bauwerken, doch sie bringt auch neue Herausforderungen mit sich.

Diese Situation bietet gleichzeitig die Grundlage und den Bedarf für innovative Ansätze, um die vielfältigen Probleme im Zusammenhang mit der privaten Nutzung und dem Verfall der Bahnhofsgebäude anzugehen.

Besondere Situation in Ostdeutschland

Mecklenburg-Vorpommern: Landesweiter Spitzenreiter

Ostdeutschland weist eine besondere Situation hinsichtlich des Besitzes von Bahnhöfen auf. Mecklenburg-Vorpommern ist hier das Paradebeispiel.

Mit über 80% seiner Bahnhofsgebäude in Privatbesitz ist dieses Bundesland Spitzenreiter in Deutschland.

Insgesamt sind mehr als 100 von rund 130 Bahnhöfen in privater Hand, was zu erheblichen Herausforderungen in Bezug auf Erhalt und Nutzung führt.

Viele dieser privat erworbenen Gebäude sind verfallen oder zweckentfremdet worden und dienen nicht mehr der ursprünglichen Funktion, Reisende zu empfangen und zu bedienen.

Ähnliche Verhältnisse in anderen ostdeutschen Bundesländern

Dieser Trend ist jedoch nicht nur auf Mecklenburg-Vorpommern beschränkt. Auch in Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen und Brandenburg dominieren private Eigentümer die Bahnhofslandschaft.

Die Bahnhöfe wurden häufig in den 2000er und 2010er Jahren in großen Paketen verkauft, was zu einer problematischen Eigentümerstruktur geführt hat.

Der Zerfall vieler ungenutzter Bahnhöfe ist daher ein weit verbreitetes Problem in diesen Regionen.

In den meisten Fällen mangelt es an klaren Nutzungskonzepten und finanziellen Mitteln, um die alten Gebäude zu sanieren und wieder nutzbar zu machen.

Eine Ausnahme: Berlin

Im Gegensatz zu den übrigen ostdeutschen Bundesländern stellt Berlin eine bemerkenswerte Ausnahme dar.

Hier befinden sich nahezu alle Bahnhöfe weiterhin im Besitz der Deutschen Bahn beziehungsweise des Bundes.

Dadurch bleibt Berlin von vielen der Probleme verschont, die durch den massiven Privatbesitz in den anderen Ländern entstehen.

Dennoch sind auch hier kontinuierliche Investitionen notwendig, um die Bahnhöfe den modernen Anforderungen entsprechend zu erhalten und zu optimieren.

Die komplexen Eigentümerstrukturen und die damit verbundenen Herausforderungen erfordern kreative Lösungsansätze und die Zusammenarbeit verschiedener Akteure.

Probleme und Herausforderungen

Verfall ungenutzter Bahnhofsgebäude

Ein großes Problem im Zusammenhang mit den privatisierten Bahnhofsgebäuden in Deutschland ist ihr oft katastrophaler Zustand.

Viele dieser Gebäude, insbesondere in Ostdeutschland, stehen ungenutzt leer und verfallen zunehmend.

Die Gefahr von Bauschäden und dem endgültigen Abriss steigt dadurch erheblich.

Ungepflegte und verlassene Bahnhöfe sind nicht nur ein Schandfleck für das Ortsbild, sondern auch ein potenzielles Sicherheitsrisiko für die Umgebung.

Fehlende Übersicht über private Eigentümer

Ein weiterer erheblicher Nachteil der massenhaften Verkäufe in den 2000er und 2010er Jahren ist das Fehlen einer klaren Übersicht über die privaten Eigentümer.

Da viele Bahnhofsgebäude in großen Paketen verkauft wurden und danach oft mehrfach den Besitzer gewechselt haben, ist es heute schwierig nachzuvollziehen, wer aktuell die Eigentümer sind.

Dies erschwert nicht nur die Instandhaltung und Sanierung der Gebäude, sondern verhindert auch eine effektive Verwaltung und Nutzung im Sinne des öffentlichen Interesses.

Umnutzung für private Zwecke statt Bahnbetrieb

Ein Kernproblem der Privatisierung ist die Umnutzung der Bahnhofsgebäude für private oder kommerzielle Zwecke.

Anstatt Bahnhöfe als integralen Bestandteil des Schienenverkehrsnetzes und als wichtige Verkehrsknotenpunkte zu erhalten, werden viele Gebäude zweckentfremdet.

Dies reicht von der Umwandlung in Hotels oder Wohngebäude bis hin zu Geschäftsräumen und Lagerflächen.

Diese Entwicklung geht oft einher mit dem Verlust ursprünglicher Infrastruktur, die für den Bahnbetrieb essenziell war und ist.

Um diesen Problemen zu begegnen, bedarf es gezielter Maßnahmen und kooperativer Anstrengungen.

Regionale Initiativen und Anreize

Klar ist, dass die vorhandenen regionalen Unterstützungsprogramme, wie die ‘Kompetenzstelle Bahnhof’ in Berlin-Brandenburg und die Bahnflächen-Entwicklungsgesellschaft in Nordrhein-Westfalen, bei der Bewältigung dieser Herausforderungen weiter gestärkt werden müssen.

Finanzielle und organisatorische Anreize könnten private Eigentümer motivieren, ihre Gebäude wieder für den Bahnverkehr nutzbar zu machen und in einen ansprechenden Zustand zu versetzen.

Lösungsansätze und Initiativen

Kompetenzstelle Bahnhof in Berlin-Brandenburg

In Berlin-Brandenburg hat der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) die ‘Kompetenzstelle Bahnhof’ ins Leben gerufen.

Dieses regionale Unterstützungsprogramm bietet eine Plattform, die privaten und kommunalen Eigentümern dabei hilft, ihre Bahnhofsgebäude zu entwickeln und sinnvoll zu nutzen.

Hier können Eigentümer Kontakte knüpfen und sowohl finanzielle als auch organisatorische Unterstützung für die Sanierung und Nutzung ihrer Gebäude im Sinne des Schienenverkehrs finden.

Bahnflächen-Entwicklungsgesellschaft in Nordrhein-Westfalen

In Nordrhein-Westfalen gibt es die Bahnflächen-Entwicklungsgesellschaft, die als Ansprechpartner für Eigentümer fungiert.

Diese Initiative hat in der Vergangenheit zahlreiche städtebauliche und verkehrlich attraktive Projekte umgesetzt und gilt als Vorbild für die Verkehrswende.

Die Bahnflächen-Entwicklungsgesellschaft hilft den Eigentümern bei der Erstellung und Umsetzung von Entwicklungskonzepten, die den Bedürfnissen der Reisenden gerecht werden und auch der öffentlichen Infrastruktur zugutekommen.

Finanzielle und Organisatorische Anreize für Eigentümer

Eine zentrale Forderung der Allianz pro Schiene ist die Einführung von finanziellen und organisatorischen Anreizen für private und kommunale Eigentümer.

Es bedarf Unterstützung, um Nutzungskonzepte zu entwickeln, die die Bahnhofsgebäude erhalten und gleichzeitig ihren Beitrag zur Verkehrswende und zum Schienenverkehr leisten.

Attraktive Empfangsgebäude sind von großer Bedeutung, um mehr Menschen für die Nutzung von Zügen zu gewinnen und somit den öffentlichen Verkehr zu stärken.

Diese Lösungsansätze und Initiativen sind ein Schritt in die richtige Richtung, um die Bahnhofsgebäude in Deutschland wieder nutzbar zu machen und sie in die öffentliche Infrastruktur zu integrieren.

Neue Phase der Bahn-Tarifverhandlungen: Besonderheiten, Forderungen und Perspektiven 2025

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  • Eduarda Moura hat einen Abschluss in Journalismus und einen Postgraduiertenabschluss in digitalen Medien. Mit ihrer Erfahrung als Autorin engagiert sich Eduarda für die Recherche und Produktion von Inhalten für WR News, um den Lesern klare und genaue Informationen zu liefern.

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