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Nachhaltigkeit war in den letzten Jahren ein zentrales Thema in der öffentlichen Diskussion und in vielen Bereichen des Konsumverhaltens.

Doch eine aktuelle Analyse des Marktforschungsunternehmens NIQ zeigt, dass das Bewusstsein der deutschen Konsumenten für Nachhaltigkeit gesunken ist.

Weniger Menschen machen sich Sorgen über den Klimawandel oder sind bereit, persönliche Opfer zu bringen, um umweltfreundlicher zu leben.

Ein Trend, der noch vor wenigen Jahren undenkbar schien, hat sich mittlerweile verstärkt: Nachhaltigkeit wird zunehmend als Luxus angesehen.

In diesem Artikel werfen wir einen detaillierten Blick auf die Gründe für diesen Wandel und untersuchen, wie sich dies auf verschiedene Sektoren wie Reisen, Lebensmittelkonsum und Einkaufsverhalten auswirkt.

Die Studie von NIQ: Was sagen die Zahlen?

Die Analyse von NIQ hat ergeben, dass das Thema Nachhaltigkeit für die deutschen Konsumenten an Bedeutung verloren hat.

2019 gaben noch 30 Prozent der Befragten an, sich wegen ihres Verhaltens schlecht zu fühlen und sich für den Umweltschutz stärker einsetzen zu wollen.

2024 sank dieser Wert auf nur noch 22 Prozent.

Was zu dieser Entwicklung geführt hat, ist die Frage, die sich nicht nur viele Ökologen und Politiker stellen, sondern auch die Konsumenten selbst.

Die Gründe für diese Veränderung sind vielfältig und hängen mit wirtschaftlichen Faktoren, gesellschaftlichen Veränderungen und praktischen Aspekten zusammen.

Besonders hervorzuheben ist die Tatsache, dass das Thema Nachhaltigkeit zunehmend als Luxus wahrgenommen wird, den sich nicht jeder leisten kann.

Wirtschaftliche Unsicherheit und steigende Lebenshaltungskosten

Petra Süptitz, Nachhaltigkeitsexpertin bei NIQ, führt die Ergebnisse der Studie auf die schlechtere wirtschaftliche Lage der Konsumenten zurück.

Viele Menschen sind heute mehr auf günstige Produkte und Rabattaktionen angewiesen, was dazu führt, dass sie weniger bereit sind, für nachhaltige Alternativen mehr zu bezahlen.

Diese Entwicklung begann insbesondere mit der COVID-19-Pandemie und verstärkte sich durch die darauf folgende wirtschaftliche Unsicherheit und Inflation.

Vor der Pandemie waren 34 Prozent der Befragten bereit, persönliche Opfer für den Klimaschutz zu bringen, doch aktuell sind es nur noch 24 Prozent.

Dieser Rückgang in der Bereitschaft, für Nachhaltigkeit zu kämpfen, lässt sich auf die veränderten Prioritäten der Verbraucher zurückführen, die zunehmend die Notwendigkeit sehen, ihre eigenen finanziellen Interessen zu sichern, anstatt für ökologische oder soziale Ziele zu kämpfen.

Wird Nachhaltigkeit zur Nebensache?

Reisen: Ein Luxus mit Klimafrust

Trotz des wachsenden Preisdrucks und der finanziellen Unsicherheit bleibt das Reisen in Deutschland ein hoch geschätztes Gut.

Deutsche sind nach wie vor die größten Konsumenten von Auslandsreisen und geben mehr Pro-Kopf-Geld für Reisen aus als in fast jedem anderen Land der Welt.

Besonders Kreuzfahrten und Flugreisen sind nach wie vor sehr beliebt, obwohl diese Formen des Reisens erhebliche Umweltauswirkungen haben.

Doch während das Reisewesen boomt, sinkt das Interesse an nachhaltigem Reisen.

Karen Wittel, Gründerin von Atambo Tours, einem Reiseportal für nachhaltige Reisen, erklärt: „Auf der Strecke bleibt das Interesse an nachhaltigem Reisen.

“ Insbesondere der Bereich der Fernreisen hat eine starke Nachhaltigkeitsmarke eingebüßt, da Flugreisen als sehr umweltbelastend gelten.

Ein weiteres bemerkenswertes Phänomen ist die geringere Bereitschaft zur Klimakompensation.

Laut dem Umweltbundesamt ist die Zahl der Reisenden, die bereit sind, Klimakompensationen für ihre Flugreisen zu zahlen, von 9 Prozent im Jahr 2020 auf nur noch 4 Prozent im Jahr 2024 gesunken.

Tabelle: Veränderung im Interesse an nachhaltigen Reiseoptionen

Klimakompensation und nachhaltiger Tourismus
Jahr Bereitschaft zur Klimakompensation Nachhaltiger Tourismus
2020 9% Hohe Nachfrage
2024 4% Deutlicher Rückgang

 

Bequemlichkeit vor Nachhaltigkeit bei Reisen

Ein erheblicher Teil des Rückgangs im Interesse an nachhaltigem Reisen lässt sich auf den Wunsch nach Bequemlichkeit zurückführen.

Die Pauschalreisen und All-Inclusive-Angebote erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, da sie sowohl finanziell kalkulierbar als auch stressfrei sind.

Im Vergleich dazu wird nachhaltiges Reisen oft als komplexer und mit höherem Aufwand verbunden wahrgenommen.

Ein gutes Beispiel für diesen Trend ist die Kreuzfahrtindustrie, die trotz ihrer immensen Umweltauswirkungen weiterhin boomt.

Der Druck auf die Verbraucher, sich für nachhaltigere Reisealternativen zu entscheiden, wächst, doch komfortable und günstige Pauschalreisen sind oft zu verlockend.

Lebensmittelkonsum: Nachhaltigkeit in der Ernährung auf dem Rückzug

Auch im Bereich des Lebensmittelkonsums ist der Trend zur Nachhaltigkeit rückläufig.

Unverpackt-Läden, die in den letzten Jahren als Vorzeigeprojekte für Nachhaltigkeit galten, haben stark mit der Bequemlichkeit der traditionellen Supermärkte zu kämpfen.

Die Kundenzahl in Unverpackt-Läden ist von 337 Läden im Jahr 2022 auf nur noch 169 Läden im April 2025 gesunken.

Julia Wardin, Betreiberin eines Unverpackt-Ladens in Otzberg im Landkreis Darmstadt-Dieburg, erklärt, dass ihre Kunden zwar grundsätzlich von ihrem Konzept überzeugt sind, aber dennoch oft die praktische Verpackungslösung im Supermarkt bevorzugen.

Der Aufwand für den Verpackungsverzicht – von der Verpackung mitbringen bis zum Abwiegen – wird als zu hoch angesehen, während im Supermarkt der Prozess nur einen Handgriff erfordert.

Tabelle: Rückgang von Unverpackt-Läden in Deutschland

Number of Unverpackt-Läden
Jahr Anzahl der Unverpackt-Läden
2022 337
2025 169

 

Der Trend: Nachhaltigkeit als Luxus

Laut Petra Süptitz von NIQ haben viele Konsumenten verlernt, Nachhaltigkeit als Grundprinzip ihres Lebensstils zu betrachten.

Stattdessen wird Nachhaltigkeit zunehmend als Luxus wahrgenommen, den sich nur eine wohlhabende Minderheit leisten kann.

Finanzielle Engpässe, Zeitmangel und die Verlockung günstiger Angebote haben dazu geführt, dass viele Menschen das Thema Nachhaltigkeit hinten anstellen.

Dennoch gibt es Anzeichen für eine Wende.

Der NIQ Nachhaltigkeitsindex zeigt zwar einen leichten Rückgang im Jahr 2024, aber es gibt Anzeichen für einen langsame Aufwärtstrend im Jahr 2025.

Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit ist nicht verschwunden, sondern hat sich pragmatischer und flexibler entwickelt.

Die Konsumenten sind eher bereit, sich für Nachhaltigkeit zu engagieren, wenn der Preis stimmt und die Bequemlichkeit gewährleistet ist.

Fazit: Die Zukunft der Nachhaltigkeit in Deutschland

Die Erosion des Nachhaltigkeitsbewusstseins in Deutschland ist ein komplexer Prozess, der durch wirtschaftliche Unsicherheit, Verbrauchergewohnheiten und den Wunsch nach Bequemlichkeit beeinflusst wird.

Der Trend hin zu günstigen, bequemen Lösungen hat die Nachhaltigkeit in vielen Bereichen in den Hintergrund gedrängt.

Trotz dieses Rückgangs gibt es immer noch viele Menschen, die sich für einen nachhaltigeren Lebensstil einsetzen, auch wenn dies nicht mehr der Mainstream ist.

Es bleibt abzuwarten, wie sich dieser Trend entwickeln wird und ob nachhaltige Alternativen in den kommenden Jahren wieder an Bedeutung gewinnen werden.

Für Unternehmen, die auf Nachhaltigkeit setzen, bedeutet dies, dass neue Konzepte entwickelt werden müssen, die sowohl umweltfreundlich als auch bequem und preiswert sind.

Die Zukunft der Nachhaltigkeit liegt in der Kombination von praktischen Lösungen und bewusstem Konsum – und das zu einem Preis, den sich auch die breite Masse leisten kann.

  • Matheus Neiva hat einen Abschluss in Kommunikation und einen Aufbaustudiengang in digitalem Marketing. Mit seiner Erfahrung als Werbetexter engagiert sich Matheus für die Recherche und Erstellung von Inhalten für WR News, um den Lesern klare und genaue Informationen zu liefern.